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Praktische Hinweise

Praktische Hinweise

Eignet sich ein NoMix-WC für mich?
Die NoMix-Technologie ist nicht ausgereift. Manche Komponenten wie die Aufbereitung von Urin stecken noch in der Laborphase. Zwar ist die Sanitärtechnologie bereits erhältlich, doch erreichen NoMix-WCs in verschiedener Hinsicht noch nicht den Standard konventioneller Toiletten und müssen sorgfältig gewartet werden. Man sollte sich den Einbau eines NoMix-WCs also gut überlegen und die Ziele eines solchen Projektes von Anfang an klar definieren. Die Erfahrungen aus Novaquatis können Ihnen helfen, NoMix-Installationen seriös zu planen.

    Text "Praktische Hinweise" (pdf, 370 KB)

Grundsätzliches

(Judit Lienert, Tove A. Larsen)

Sie finden Urinseparierung eine interessante Option und möchten NoMix-WCs installieren. Ein vorbildliches Vorhaben! Bei der Realisierung Ihres Wunsches gilt es, einige wesentliche Aspekte zu beachten, steckt doch die Technologie noch in den Kinderschuhen. So sollten Sie klar wissen, welches Ziel Sie mit NoMix-WCs verfolgen. Rechtfertigt dieses die höheren Kosten – und etwa den erheblich grösseren Reinigungsaufwand? Noch erfüllen Urin separierende Toiletten nicht in allen Punkten den gewohnten Standard heutiger konventioneller WCs.

Ein Hauptproblem ist die Ausfällung von Urinstein – dieser verstopft unweigerlich die Leitungen (Nova 2). NoMix-WCs müssen daher wie wasserlose Urinale gut gewartet werden. Zudem sind viele Komponenten der NoMix-Technologie noch gar nicht fertig entwickelt oder marktreif; so bietet etwa erst ein einziges Unternehmen ein Aufbereitungsverfahren für Urin an. In Schweden empfiehlt man, den Urin zur Hygienisierung sechs Monate zu lagern, bevor er als Dünger verwendet wird. In der Schweiz aber muss der Dünger erst eine Zulassung erhalten und zugleich strenge Kriterien erfüllen.

Novaquatis verfügt über langjährige Erfahrungen mit NoMix-Pilotprojekten. Dieser Beitrag bietet einen Überblick über unser heutiges Wissen und verweist auf wichtige Quellen (ausführliche Infos: [1]). Er dient dazu, grundsätzliche Aspekte schon bei der Planung zu berücksichtigen, damit sich Ihr NoMix-Projekt auch im Alltag bewährt.

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"Mami, wie geht das?" Einfacher als man denkt, doch leider haben gerade Kinder Probleme, das richtige Abteil zu treffen (Foto Ruedi Keller)

Vor Projektbeginn

Ziel. Das Ziel des NoMix-Pilotprojektes muss im Voraus klar sein. Was sich trivial anhört, ist in der Praxis entscheidend für den Erfolg. Die übergeordneten Ziele der Urinseparierung – wie Entlastung der Kläranlage oder Recycling von Nährstoffen – sind nämlich in einem Einzelprojekt nicht relevant. Sie kommen erst ab einer gewissen Grösse zum Tragen. Realistische Projektziele können etwa die Weiterentwicklung von Komponenten wie der Urinaufbereitung oder die Akzeptanz von NoMix-WCs im Haushalt sein.

Früher Einbezug aller Akteure. Gerade beim Einbau von NoMix-WCs in Haushalte ist es unerlässlich, alle Beteiligten sehr früh einzubeziehen. Wichtige Akteure sind Haushaltsmitglieder, Hauswarte und -verwaltung, Putzpersonal, Architektinnen und Sanitärinstallateure, Kläranlagenbetreiber, Ingenieurinnen und Planer, Gemeindeverwaltung, Behörden, Politiker und Wissenschafterinnen. Nur wenn sie alle bereit sind, auch mit den Nachteilen der NoMix-Technologie zu leben, wird das Projekt gelingen.

Rechtliches, Verwendung des Urins. Ein NoMix-Pilotprojekt benötigt in der Schweiz wegen der Anschlusspflicht an Kanalisation und Kläranlage eine Bewilligung [2 – 3]. In einem Vertrag sollte festgehalten werden, wer die Risiken trägt (Funktionsstörungen, Unfälle) und wer einen allfälligen Rückbau bezahlt. Wir empfehlen, schriftliche Vereinbarungen mit den Hauptakteuren (z.B. Mietern) zu treffen.

Schon zu Beginn des Projektes muss festgelegt werden, was mit dem Urin geschehen soll. Dünger benötigen eine Zulassung, die in der Schweiz das Bundesamt für Landwirtschaft erteilt [4 – 5]. Die momentan einzige (provisorische) Schweizer Düngerbewilligung für den Urin aus der Kantonsbibliothek BL führt strenge Qualitätskriterien auf (Nova PP). Der Urin kann auch für den Nährstoffausgleich in Kläranlagen benutzt werden (Nova 3) oder um Aufbereitungsverfahren zu entwickeln (Nova 4). Falls das Projekt dagegen zum Beispiel die Untersuchung der Akzeptanz im Alltag zum Ziel hat, kann der Urin auch ohne weitere Verwendung in die Kanalisation geleitet werden (Nova 1).

Technologische Aspekte

NoMix-WCs und wasserlose Urinale. Mit wasserlosen Urinalen kann unverdünnter Urin von Männern gesammelt werden. Der Markt bietet eine breite Vielfalt an Systemen und Modellen [6]. Allen Urinalen gemeinsam ist, dass sie gut gewartet werden müssen, andernfalls entstehen lästige Gerüche, unansehnliche Tröpfchen und Verstopfungen. Eine gute Lüftung hilft, Geruchsproblemen vorzubeugen.

NoMix-WCs haben zwei Spülsysteme [7]: z.B. bei Dubbletten wird das Urinabteil separat mit sehr wenig Wasser gespült (8 ml – 2 dl). Dies spart Wasser – vorausgesetzt, man benutzt danach nicht die grosse Spülung, um das WC-Papier wegzuspülen, sondern entsorgt es separat. Neuere NoMix-WCs verfügen über eine konventionelle Doppelspülung (klein: 2 – 3 l / gross: 6 – 7 l). Trotzdem gelangt wenig (2.5 dl, Gustavsberg) oder – dank eines raffinierten Verschlussmechanismus – gar kein (Roediger) Wasser in den Urintank. Diese NoMix-WCs sparen also kein Wasser im Vergleich zu einem modernen WC mit Doppelspülung, das wenig verschmutzte WC-Papier muss aber auch nicht separat entsorgt werden.

Der Nachteil des Roediger-WCs: Man muss sich ganz setzen, um den Urinablauf zu öffnen. Bei den anderen WCs genügt für die Männer – bei denen Sitzen generell unbeliebt ist – weiterhin genaues Zielen. Wasserlose Urinale können hier eine Alternative sein. Frauen wiederum setzen sich aus Hygienegründen ungern auf öffentliche WCs. Manche Benutzer finden die Sitzposition ungewohnt. Vor allem Kinder haben Probleme, das richtige Abteil zu treffen, was den Putzaufwand erhöht. Dubbletten löst dieses Problem mit einem separat erhältlichen Kindersitz [7].


Reinigen und Warten. Eine breite Akzeptanz lässt sich nur mit guter Wartung erreichen. Öffentliche Sanitäranlagen müssen mindestens täglich gereinigt werden. Falls kein Wasser und nur unschädliche Chemikalien in den Tank gelangen sollen, empfiehlt sich zum Beispiel eine Reinigung mit feuchtem Mikrofasertuch und 10-prozentiger Zitronensäure [1].

Ein Hauptproblem der NoMix-WCs stellt das Ausfällen von Urinstein dar, was die Siphons und Leitungen verstopft (Nova 2, [8 – 9]). Um solchen Ausfällungen vorzubeugen, kann der Urinablauf regelmässig mit Säure gespült werden [1]. Eine Verstopfung lässt sich mit starker Säure, Lauge oder mechanisch lösen [8 – 9]. Wer bereits beim Bau einige Massnahmen beachtet, vermeidet spätere Verstopfungen eher: möglichst stark geneigte Leitungen (mindestens 2–5%), keine engen Winkel, keine unzugänglichen Stellen sowie Rohre mit einem grossen Durchmesser von 65–110 mm (weitere Infos: [1, 6]). Wasserlose Urinale fangen die Fällungsprodukte häufig in Siphons auf, die regelmässig ausgewechselt werden müssen, um Ablaufprobleme zu verhindern.

Speichern von Urin, Transport und Aufbereitung. Der Urintank muss den Projektanforderungen entsprechend dimensioniert werden, wasser- und geruchsdicht sein sowie beständig gegenüber Urin und starken Säuren. Er muss mit einem Überlauf versehen sein und eventuell über ein Rührwerk, Probeentnahmestellen sowie eine Pumpvorrichtung verfügen [1, 6]. Da beim Tank oft üble Gerüche auftreten, ist eine gute Lüftung äusserst wichtig.

Zum Transport von Urin siehe Nova 3. Die Firma Huber bietet einen Struvitreaktor an, um Phosphor aus dem Urin zurückzugewinnen [10]. Alle anderen Verfahren der Urinaufbereitung stecken noch in der Labor- oder Pilotphase und warten auf eine Weiterentwicklung (Nova 4). Eventuell könnte dies das Ziel Ihres NoMix-Projektes sein?

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Ohne Wartung läuft nichts (ab): Urinale müssen gemäss Herstellerangaben gewartet werden, um Verstopfungen vorzubeugen (Foto Ruedi Keller)


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Die richtige Mischung: NoMix-WCs reinigt man z.B. mit 10% Zitronensäure und Mikrofasertuch, um den Urin nicht zu vergiften (Foto Ruedi Keller)


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Urin frisch ab Fass: Bei Bedarf kann an der Entnahmestelle im Forum Chriesbach der Urin in einen Tankwagen gepumpt werden (Foto Karin Güdel)

Kosten

Eine Innovation ist immer teurer als eine bewährte Technologie, für die bereits ein grosser Markt mit grosser Nachfrage existiert. Urinseparierung bildet da keine Ausnahme. NoMix-WCs kosten etwa doppelt so viel wie konventionelle. Hinzu kommen Urinleitungen, -tank, -transport und -aufbereitung. Muss darüber hinaus in Prototypen investiert werden, erhöhen sich die Kosten weiter. Wir verzichten deshalb auf konkrete Preisangaben (Überblick in [6 – 7]).

Schlussfolgerungen

Es gibt gute Gründe, NoMix-Toiletten zu installieren. Wer immer ein solches Projekt lancieren will, sollte sich aber bewusst sein, dass er damit zu den Pionieren gehört. Verglichen mit konventionellen Toiletten müssen Sie bei NoMix-WCs mit höheren Kosten und anderen Nachteilen rechnen. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg mit Ihrem Projekt. Unser Team berät und unterstützt Sie gerne mit weiteren Informationen und dem ausführlichen Artikel [1]: novaquatis@eawag.ch.

Literatur

  1. Lienert, J., T.A. Larsen (submitted): Pilot projects in bathrooms: a new challenge for wastewater professionals. Erhältlich bei: novaquatis@eawag.ch.
  2. Gewässerschutzgesetz: Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer (24.01.1991). SR-Nr 814.20. Download: http://www.admin.ch/ch/d/sr/c814_20.html, letzter Besuch der Webseite: 30.01.2007, email: webmaster@admin.ch.
  3. Gewässerschutzverordnung (28.10.1998). SR-Nr 814.201. Download: http://www.admin.ch/ch/d/sr/c814_201.html, letzter Besuch der Webseite: 30.01.2007, email: webmaster@admin.ch.
  4. Düngerbuch-Verordnung (28.02.2001). SR-Nr 916.171.1. Download: http://www.admin.ch/ch/d/sr/c916_171_1.html, letzter Besuch der Webseite: 30.01.2007, email: webmaster@admin.ch.
  5. Dünger-Verordnung (10.01.2001). SR-Nr 916.171. Download: http://www.admin.ch/ch/d/sr/c916_171.html, letzter Besuch der Webseite: 30.01.2007, email: webmaster@admin.ch.
  6. ecosan/GTZ (2005). Technical data sheets for ecosan components. Draft versions available at: www.gtz.de/en/themen/umwelt-infrastruktur/wasser/9397.htm. Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH; ecological sanitation (ecosan), letzter Besuch der Webseite: 13.12.2006, Kontakt: Christine Werner, ecosan@gtz.de.
  7. Homepages NoMix-WC: www.dubbletten.nu (info@dubbletten.nu), www.wost-man-ecology.se (info@wost-man-ecology.se), www.gustavsberg.com (info@gustavsberg.com), www.roevac.com (info@roevac.com), letzter Besuch der Webseiten: 30.01.2007.
  8. Udert, K.M., R. Högger, T.A. Larsen, W. Gujer (2004) Urinausfällungen in Urinalen und NoMix-Toiletten. Installateur 11-2004: 46–48. Vereinigung Schweizerischer Sanitär- und Heizungsfachleute, VSSH, www.vssh.ch.
  9. Udert, K.M., T.A. Larsen, W. Gujer (2003) Biologically induced precipitation in urine-collecting systems. Water Science and Technology: Water Supply 3(3): 71–78.
  10. Hans Huber AG, Berching, Deutschland. Information: www.huber.de – Maschinentechnik – Kleinkläranlagen und dezentrale Abwasserbehandlung – die Zukunft beginnt bei uns selbst, desar@huber.de, letzter Besuch der Webseite: 30.01.2007.

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